Als Lektorin für Bulgarisch an der Universität Jena beschäftigt sich Dr. Gergana Börger mit Höflichkeitsformen und Liebessymbolik in bulgarischen und deutschen Märchen. Im Interview unterhalten wir uns u. a. über die Rolle des Brautraubs in Bulgarien und die Literatur im Mittelalter. In einer deutsch-bulgarischen Familie im damaligen Ostberlin aufgewachsen, teilt Gergana Börger ihre ganz persönlichen Eindrücke von der Zeit nach der Wende in Bulgarien mit und erzählt uns auch, warum sie immer wieder gerne nach Gabrovo zurückkehrt.
Einige Bücher und Beiträge von Frau Dr. Gergana Börger:
Höflichkeitsformen in bulgarischen, deutschen und russischen Zaubermärchen, Frank & Timme Verlag
Bd. 6: Gergana Börger/Sigrun Comati/Thede Kahl (Hg.): Handbuch Bulgarien, Reihe "Forum: Bulgarien", Frank & Timme Verlag
Hochzeitsbrauchtum und Liebessymbolik in bulgarischen und deutschen Zaubermärchen, Zeitschrift für Balkanologie, 52/1, 45-63
Volkslieder aus dem Gabrovo-Region, Sammlung von Ganka Kancheva-Ribarova (Großmutter von Gergana Börger) (unten finden Sie zwei der Lieder in deutscher Übersetzung)
"Bulgarien - Der Podcast" ist ein Interview-Podcast über Bulgarien, in dem wir spannende, offene, ganz persönliche Gespräche mit Gästen aus allen Bereichen und Gesellschaftsschichten führen. Was sie eint, ist der besondere Blick auf ein Bulgarien jenseits der Klischees. Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft, Reiseziele, Geschichte, Essen und Politik sind einige der Themen dieses Podcasts.
Gastgeberin ist Dr. Sibila Tasheva - Autorin ("111 Gründe, Bulgarien zu lieben"), Reiseveranstalterin (www.tact-bulgarien.de), Unternehmerin und Kletterin (www.tact-muenchen.de) und Juristin. Sie verbrachte die ersten 18 Jahre ihres Lebens in Bulgarien und die nächsten 18 in Deutschland, heute pendelt sie zwischen den beiden Ländern und lässt in diesem Podcast ihre persönlichen Erfahrungen aus beiden Kulturen einfließen.
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Der Titelsong unseres Podcasts kommt von dem bulgarischen Sänger und Songwriter Petko Slavov
und heißt “Velika samota”.
Das Cover dieses Podcasts stammt von der Illustratorin Brigitta Heim.
Aus dem Buch "Народни песни от Габровско", Ганка Кънчева-Рибарова (2011) - "Volkslieder aus dem Region von Gabrovo", Ganka Kancheva-RibarovaÜbersetzung ins Deutsche: Gergana Börger
Die Drachenfrau
Es sprach die Mutter zu Stojan:
„Stojan, mein lieber Sohn,
warum bist du traurig, nachdenklich,
ist deine Herde kränklich,
oder sind deine Hunde tollwütig?“
Es antwortete Stojan seiner Mutter:
„Weder ist meine Herde kränklich,
noch sind meine Hunde tollwütig.
Es kommt zu mir, Mutter,
ein blutrünstiger Bär
in meine grüne Scheune,
wenn er abends kommt,
dann biegt er den Schürhaken zurecht,
entfacht die Glut mit seiner Pfote,
und er weckt mich, Mutter,
damit ich aufstehe, und dann reden wir.“
Die Mutter sagte zu Stojan:
„Stojan, mein lieber Sohn,
das ist kein blutrünstiger Bär,
es ist vielmehr eine Drachenfrau.
Soll ich dir denn alles erklären:
Du gehst, mein Sohn, und pflückst,
Wurmkraut und Steinklee,
Kreuz-Enzian
und Wilde Malve,
deine Mutter wird dich darin baden,
auf einer verlassenen Feuerstelle,
dann wird die Drachenfrau von dir ablassen.“
Aus: Ганка Кънчева-Рибарова (2011): Народни песни от Габровско. София. Стр. 22. Informantin: Maria Jovtscheva Dschurova, Dorf Nikolaevo (Dupini), aufgezeichnet im Februar 1955; Übersetzung ins Deutsche: Gergana Börger
Mit einem Drachen verheiratet
„Du willst mich verheiraten, Mutter, verloben,
aber du fragst mich nicht, Mutter,
ob ich heiraten möchte, ob ich nicht möchte.
Mich, Mutter, liebt ein Drache,
ein Drache liebt mich, Mutter, ein Drache umgarnt mich.
Wenn er abends kommt
bringt er mir Geschenke,
einen Strauß Nelken,
einen Strauß Rosmarin,
heute Abend kommt er wieder zu mir.“
Als Radka das sagte
ging die Pforte auf,
die Türriegel sprangen auf,
und der Hof füllte sich
mit Drachenmännern und Drachenfrauen,
die Drachenmänner auf schwarzen Pferden,
die Drachenfrauen in goldenen Kutschen.
Der Drache sagte zu Radka:
„Radka, meine liebe Radka,
zieh Deine Tracht aus,
und zieh unsere Tracht an,
und setz Dich, Radka, in die Kutsche,
wir werden Dich, Radka,
in unsere Paläste bringen.“
Sie brachten aber Radka
in keine Paläste,
sie brachten Radka
in eine dunkle und einsame Höhle.
Radka sagte zu dem Drachen:
„Ist das etwa, mein Drache, ist das
Dein Palast, von dem Du gesprochen hast?“
Der Drache sagte zu Radka:
„Radka, meine liebe Radka,
wenn Deine Mutter nur wüsste,
Radka, dann hätte sie Dich gebadet,
in Wurmkraut und Steinklee,
und Kreuz-Enzian,
dann hätte der Drache von Dir abgelassen.“
Aus: Ганка Кънчева-Рибарова (2011): Народни песни от Габровско. София. Стр. 33. Informantin: Maria Jovtscheva Dschurova, Dorf Nikolaevo (Dupini), aufgezeichnet im Dezember 1954; Übersetzung ins Deutsche: Gergana Börger
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